Shackled City Chronik: das Treffen im Lucky Monkey

Die Aventüre, von der ich berichten möchte, nahm ihren Anfang in den letzten Tages des Sommers, im großen Gastraum der berühmten Herberge ‚Lucky Monkey‘. Jeder, der die heißen und stickigen Dschungel zwischen Cauldron und Sassarine schon mal bereist hat, weiß, dass es in diesen Tagen dort ziemlich ungemütlich werden kann. Die herbstliche Regenzeit kündigt sich mit kurzen, aber heftigen Wolkenbrüchen an, die Luft ist trotz allem noch heißer als eine Zwergenschmiede. Und als wenn das nicht reichen würde, muss man ständig vor den streunenden Raptoren-Rudeln auf der Hut sein, die während dieser Zeit Fleisch für ihre frisch geschlüpften Jungen suchen.

Ich war in diesen Tagen als wandernder Barde unterwegs und hatte den Plan gehabt, dem Lucky Monkey einen längeren Besuch abzustatten, um dort meine Kunst (Trommel und Gesang!) zum Besten zu geben. Und natürlich um ein paar rechtschaffene Silberstücke dafür einzustreichen. Dazu kam es aber erst mal nicht, denn gleich am ersten Abend traf ich in der Schenke (wo sonst?) des Gasthauses auf vier ziemlich interessante Burschen. Abenteurer? Nein, dieser Begriff wäre zu diesem Zeitpunkt übertrieben gewesen. Eher Herumtreiber, Ausreißer, Halbstarke. Aber doch trugen sie diesen gewissen Funken, ich meine: den Wagemut, die Tollkühnheit und natürlich die Geldgier, die dieser Beruf voraussetzt, bereits in sich. Das erkannten meine geschulten Augen sofort. Ich witterte sozusagen schon damals eine große Geschichte. Und beschloss, mich folglich an ihre Fersen zu heften. Aber wer waren diese vier, die meine Neugier im verqualmten, nächtlichen Schankraum so unvermittelt geweckt hatten? Gebt mir einen Augenblick Zeit, um meine neuen Bekanntschaften, die schon alsbald zu meinen besten Kameraden werden sollten, zu beschreiben…

Eine Karte des Lucky Monkey. Das gesamte Gebäude ist mit alten, prächtigen Schnitzereien verziert, die Affen in allerlei gefährlichen und haarsträubenden Situationen zeigen.

Eine Karte des Lucky Monkey. Das gesamte Gebäude ist mit alten, prächtigen Schnitzereien verziert, die Affen in allerlei gefährlichen und haarsträubenden Situationen zeigen.

 

Als erstes muss man Ollowain, den Unvorsichtigen, nennen. Übrigens nicht nur unvorsichtig, sondern auch unglücklich. Nicht unglücklich mit gebrochenem Herzen, sondern unglücklich im Sinne eines Mangels an Fortün. Weswegen er auch im baldigen Verlauf zum ersten Opfer unserer gefährlichen Reise werden sollte. Aber ich greife schon wieder vor. Merkt euch nur: hängt euer Herz nicht an Ollowain, den Halbelfen, denn er wird schon bald ins Totenbuch eingetragen werden. Zum damaligen Zeitpunkt war er aber noch putzmunter, allerdings auch schon etwas blässlich anzuschauen mit seinen dürren sechs Fuß Größe und seinem hellen Blondhaar. (Jeder Gnom weiss ja, dass man wahre Größe nicht in Fuß und Zoll misst. Ollowain war wieder einmal ein Beweis dafür). Im Prinzip also eine verdächtige Gestalt – und schon allein deshalb interessant für mich. So richtig viel war allerdings nicht aus ihm heraus zu bekommen. Weder woher er kam, noch warum es ihn gerade nach Cauldron zog. Später erfuhr ich, dass er als Straßenkind in Sasserine aufgewachsen war, aber aufgrund seines ausgeprägten magischen Talentes einen Platz im dortigen arkanen Kollegium ergattern konnte. Zu dumm, dass sich sein Interesse dort vor allem auf die Reanimation von Leichen und Skeletten gerichtet hatte. Das führte nämlich dazu, dass er ebenso schnell wie er ins Kollegium aufgenommen worden war, auch wieder heraus flog. Was ihn dann wohl dazu veranlasst hatte, sich mit Tumarang, einer alten Bekannten aus seiner Zeit in den Gassen, zusammen zu tun, um sich nach neuen ‚Jagdgründen‘ umzusehen. Und genau diese Idee hatte ihn schließlich auf die große Südstraße Richtung Cauldron gebracht. Bis an die Theke des Lucky Monkey.

Tumarang habe ich praktisch ja schon vorgestellt. Hier also noch ein paar nützliche Details, die man über sie wissen sollte. Auf den ersten Blick wirkte (mit ‚i‘ nicht mit ‚ü‘) sie wie ein typischer Halsabschneider-Halbork aus der Gosse: ziemlich groß, ziemlich hässlich und Reflexe wie eine Smaragd-Cobra. Erst wenn man sich etwas näher mit ihr beschäftigte, merkte man unweigerlich, dass unter ihrer rauen Schale (Lederrüstung mit jeder Menge Nieten) ein wirklich großes und gutes Herz schlug. Genau genommen war sie Ollowains bessere Hälfte und manchmal auch sein gutes Gewissen – und in ihrer gemeinsamen Vergangenheit hatte sie dem hochmütigen Halbelfen wohl mehr als einmal aus der Klemme geholfen. Vielleicht war auch das der Grund warum sie beschlossen hatte, ihn auf seiner Reise in den Süden zu begleiten. Vielleicht suchte sie aber auch nach einem Ausweg aus dem Leben auf der Straße. Wer weiß?

Auf besagter Straße Richtung Süden waren die beiden dann auf den guten Tanforinto (kurz Tanto) getroffen. Der war nämlich ein echter und gutherziger Naturbursche und somit recht nützlich für die beiden Städter, die kaum in der Lage waren, sich jenseits der Stadtmauern durchzuschlagen. Groß gewachsen war er (noch einer!) und seine breiten Schultern und Waffen zeigten auf den ersten Blick, dass er sein Einkommen nicht mit Kartentricks oder dem Lautenspiel verdiente. Tanto selber hatte den Plan gehabt, sich in Cauldron und Umgebung als Jäger und Fallensteller einen Namen zu machen. Die grünen Urwälder, die die Stadt umgaben, waren voller Tiere und Bestien, deren Fleisch, Felle, Schuppen und Klauen man gewinnbringend verkaufen konnte – wenn man es denn wagte sich diesen fiesen Biestern entgegen zu stellen. Ein mutiger Bursche also, dieser Tanto.
Schade nur, dass auch er schon kurze Zeit nach Beginn unserer Geschichte zur falschen Zeit am falschen Ort sein musste. Das Leben eines jungen, unerfahrenen Abenteurers ist und bleibt gefährlich. Vor allem, wenn man noch keinen Priester mit Auferstehungszauber in der Gruppe hat.

Und damit wären wir auch schon beim letzten Mitglied der seltsamen Reisegesellschaft, die ich in dieser Nacht kennen gelernt hatte: Gorn, Sohn des Kord. Genau, jener Kord: Gott der Ringer, Boxer, Schwertkämpfer und Hirnlosen. Fröhlicher Schutzpatron all jener, denen nichts besseres einfällt, als sich gegenseitig den Matsch aus der Rübe zu prügeln. Oh weh, möchte man da sagen, wie soll das mit einem Heiler ein gutes Ende nehmen, der eigentlich mehr daran interessiert ist, andere zu verprügeln, anstatt sie zusammen zu flicken? Doch weit gefehlt! Denn Gorn, übrigens genau wie Tumarang ein Halbork, war eine wahre Zier für jede Söldner- und Abenteurer-Kompagnie. Ruhig und umsichtig auf der Reise und hart und unnachgiebig im Gefecht. Keine Ahnung, wie es diesen (wirklich vernünftigen) Kerl in die Hände der Kord-Priester verschlagen konnte. Vielleicht war es sein Talent in der Waffenschmiede gewesen, in der der junge Bursche lange als Gehilfe gearbeitet hatte. Und Waffenschmiede waren schließlich in den Tempeln des heiligen und frohsinnigen Knochenbrechers immer willkommen. Wie auch immer… Dem jungen Halbork war jedenfalls zu Ohren gekommen, dass der Tempel seiner Glaubensbrüder in Cauldron nur sehr schwach besetzt war. Also hatte er die kleine Tempelschmiede, in der er seine Jugend verbracht hatte, verlassen, um auf der Südstraße (die hatte ich bereits erwähnt, oder?) schließlich auf den Rest der bereits beschriebenen Ladies und Herren zu treffen. Eine glückliche Fügung. Vor allem für den Rest der Truppe, die ohne Gorns Heilkunde kaum eine Meile weit gekommen wäre.

Und als ich, Zimble Sunspark, diesen vier Typen an der Theke so zu hörte, packte mich plötzlich die Neugier (eine ärgerliche schlimme Eigenschaft meiner gnomischen Herkunft) und ich beschloss, diese wundersame Stadt Cauldron, von der sie erzählten, selber in Augenschein zu nehmen. Im Krater eines erloschenen Vulkanes sollte sie erbaut worden sein. Mit einem Ring aus schwarzem Malachit geschützt, der als Mauer auf dem Kraterrand die Stadt umschloss. Für Bodentruppen angeblich uneinnehmbar. Das hörte sich verdammt interessant an… und schon waren wir komplett!

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